Ein Dorfschullehrer braucht einen Rückzugsort und ich glaube, dass das kleine Zimmerchen zwischen Lehrerwohnung und Werkstatt dieser Rückzugsort war.

In DDR-Zeiten wohnte hier Frau Rieger, der gute Geist der Dorfschule. Später wurde der winzige Raum von den Wellerswaldern als kleine Verleih-Bibliothek genutzt.

Für uns war er bis vor Kurzem Abstellraum für Werkzeug und Material. Ich liebte diesen Raum von Anfang an, denn er roch wie die Schlafkammer bei meinen Großeltern in Mügeln. Und immer, wenn ich ihn betrat, wurde ich in längst vergangene Sommerferien zu meinen Großeltern entführt. Später erklärte mir ein Malerprofi, dass es die Kaseinwandfarbe sei, die so riecht. Und tatsächlich konnte man unter der Tapete noch die alten Farbreste und Muster einer Farbwalze erkennen. Beim Abklopfen der Wand kamen hinter hohlen Stellen Holzstützen und Lehmziegel zum Vorschein. Vorsichtig wurden diese wieder verputzt.

Dann ging es an den leider nicht mehr zu rettenden Dielenboden. Unter den Spanplatten lagen zum Höhenausgleich Wahlplakate aus den frühen 80ern. Der Dielenboden war abgesunken und einzelne Bretter sehr vom Zahn der Zeit angenagt. Rettung aussichtslos – schade.

Und dann geschah das, was ich die ganze Bauzeit über gehofft hatte: ein Schatz! Unter den Dielen ein echter Schatz!!! Naja nicht sehr wertvoll, aber spannend allemal.

Die Wände bekommen natürlich einen alt wirkenden Anstrich und ich verwende originale Walzen, um diesem ein dezentes Muster zu verpassen. An stärkere Farbkontraste wage ich mich noch nicht, denn es ist trotz längerer Übungsphase nicht leicht, absolut regelmäßig zu rollen.

Inzwischen ist des Lehrers Zimmerchen wieder möbliert wie (wahrscheinlich) früher. Die beiden Schreibmaschinen auf dem Arbeitstisch zeugen von früheren technischen Revolutionen, auch wenn diese im Vergleich zu heute deutlicher langsamer vonstatten gingen.